Karl Hemmeters Geburtshaus, Heigertgasse

Eine gedrechselte und bemalte Tabakpfeife kennzeichnete das Haus in der Heigertgasse 7 als Wohnhaus und Werkstatt des Drechslers Friedrich Hemmeter und seiner Frau Sophie. Hier kam am 18. Februar 1904 ihr gemeinsamer Sohn Karl zur Welt. Zeitlebens litt Hemmeter an den Folgen einer im ersten Lebensjahr erfolgten Rachitis-Erkrankung. Die streng protestantische Erziehung im kleinbürgerlichen Drechslerhaushalt prägten den späteren Bildhauer. Schon früh zeigte der junge Hemmeter eine künstlerische Begabung, doch schwierige wirtschaftliche Umstände zwangen ihn nach der Erlangung der Mittleren Reife zunächst zur Erlernung des Drechslerhandwerks in der väterlichen Werkstatt. Erst ab 1924 besuchte er halbwöchentlich als Hopsitant die Nürnberger Kunstgewerbeschule, nebenbei arbeitete er weiterhin als Drechslergeselle. Nach dem Scheitern von Auswanderungsplänen setzte er seine künstlerische Ausbildung 1926 an der Akademie der Bildenden Künste in München fort. Bereits während seines Studiums erlangte er durch kirchliche Aufträge eine gewisse Bekanntheit. 1932 machte er sich schließlich selbstständig und lebte bis zu seinem Lebensende 1986 als freischaffender Künstler in München.

Quellentexte:

In seinen autobiographischen Aufzeichnungen berichtet Hemmeter von seiner frühen Erkrankung: 

"Nach dem Bericht meiner Mutter sei ich ein 10—pfündiger gewesen, was heute selten vorkommt. Doch diese gute Konstitution sollte mir nicht zum Vorteil gereichen, denn nach dem Urteil unseres Hausarztes, des Geheimen Sanitätsrats Dr. Dörfler, war ich so kräftig, daß ich in die gerade laufende Pockenschutzimpfung eingereiht wurde. Als unmittelbare Folge stellte ich die Nahrungsaufnahme ein, wogegen meine Mutter in geduldiger Bemühung erfolglos anging. So blieb ich lange Zeit im Bett liegen und wurde immer schwächer. Bei einem Versuch mich aufzurichten, stellte sich heraus, daß sich eine Rachitis entwickelt hatte: Meine beiden Beine mit den Gelenkkugeln hatten sich aus den Pfannen gelöst und neue Pfannen, nach hinten verschoben, hatten sich gebildet. Heute kann man solche Luxationen ins völlig Normale wieder korrigieren, aber damals war die medizinische Wissenschaft noch nicht soweit. Man versuchte lediglich, auf blutige Weise Silberpfannen einzusetzen, und ich wurde in eine Fürther Fachklinik eingewiesen. Dort lag ich einige Tage im Streckverband, die Beine mit Heftpflaster umwickelt, mit Gewichten über Rollen an den Füßen. Aber Dr. Dörfler erkannte richtig, daß mit dem Wachstum immer neue angleichende Operationen nötig wurden, zudem die Gefahr von Infektionen noch nicht gebannt war, und veranlaßte den Abbruch solcher Behandlung. Die Schwestern, ärgerlich über so verschwendetes Material, rissen mir rücksichtslos die Pflaster von den Beinen und ich wurde wieder heimgeholt. Mit dem Übel mußte ich leben und konnte erst mit drei Jahren das Gehen versuchen." - Karl Hemmeter: Aufzeichnungen, S. 3 


Auch die Schulzeit war für den jungen Karl eine unschöne Zeit:

"Ich muß berichten, daß ich in meiner Jugendzeit immer viel krank und schwächlich gewesen bin, wie es auf dem Foto der 1. Volksschulklasse erkennbar ist und auf Familienbildern, wozu ich stehend an die Stuhllehne angeschnallt worden bin." Karl Hemmeter: Aufzeichnungen, S. 3 "Dann kam die Schulzeit, vor der ich wegen der Massenansammlung von 60 Mitschülern nur Grauen empfand. Die ersten Wochen mußte ich immer geführt werden und, wenn ich das Schulhaus sah, spuckte ich regelmäßig. Die Stärke der Abneigung wurde deutlich, als unser Vater berichtete, daß nachts ein Erdbeben stattgefunden und das Haus gewackelt habe, durch meine erste Frage: 'Ist das Schulhaus nicht eingefallen?'" - Karl Hemmeter: Aufzeichnungen, S. 6


Doch auch das künstlerische Talent Hemmeters wurde in dieser Zeit offensichtlich:

"In der 1. Volksschulklasse wurde mein Zeichentalent offenkundig. Als Heimarbeit war ein Oval verlangt, das so gut ausfiel, daß der Hauptlehrer Braun fremde Mitarbeit annahm. Um den Verdacht bestätigt zu finden, isolierte er mich auf dem Katheder. Doch auch dieses Ergebnis ließ keinen Zweifel an meinem Talent. Er ärgerte sich, daß er mir, wegen meiner Schwächlichkeit, nicht die Hose spannen durfte, wie es gewohnter Brauch war, sondern mich nur mit Tatzen, Rohrschlägen auf die Hände bestrafen durfte, die nicht weniger schmerzvoll waren. Ich brachte die 4 Volksschulklassen schlecht und recht hinter mich und durfte in die Realschule überwechseln. Da eine künstlerische Laufbahn schon damals als Möglichkeit in Betracht gezogen wurde, wäre die Wahl des Gymnasiums richtiger gewesen, aber dieses besuchten meist die Söhne von Fabrikanten, die unsere Auftraggeber waren, und man hätte es als Großmannssucht ausgelegt, wenn sich ein Handwerkersohn dazu gesellt hätte. Außerdem hielt man lebendige Sprachen, wie Französisch und Englisch für wichtiger als Latein. Davon habe ich mir wenigstens die Grundbegriffe, später, in der Münchener Akademiezeit an der Volkshochschule angeeignet, in den Abendstunden.” - Karl Hemmeter: Aufzeichnungen, S. 6

Kindheit und Schulzeit

Friedrich Hemmeter, Drechslermeister und Vater des Bildhauers

Friedrich Hemmeter, Drechslermeister und Vater des Bildhauers Karl, wohnhaft Heigertgasse 7
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